Maigret - 49 - Maigret erlebt eine Niederlage by Simenon Georges

Maigret - 49 - Maigret erlebt eine Niederlage by Simenon Georges

Autor:Simenon, Georges [Georges, Simenon]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-15T04:00:00+00:00


Sechstes Kapitel

Gegen fünf Uhr kam Maigret zum Quai des Orfèvres, wo die Lampen schon längst wieder brannten. Das bedeutete wieder einen Tag, ohne daß man die Sonne gesehen hatte. Man konnte sie kaum mehr hinter der dicken Wolkendecke vermuten.

Auf seinem Schreibtisch lag wie immer ein Stoß Mitteilungen. Die meisten betrafen Mrs. Britt. Das Publikum reagiert nicht immer gleich. Man könnte sagen, es mißtraut einem Fall, von dem die Zeitungen erst gerade zu berichten beginnen. Nach zwei oder drei Tagen fangen die Leute in Paris aber Feuer. Dann folgt die Provinz. Und jetzt kamen schon aus den entlegensten Dörfern, ja selbst aus dem Ausland Hinweise.

Einem zufolge hatten zwei Personen Mrs. Britt in Monte Carlo gesehen. Der eine war ein Croupier des Kasinos.

Da die Meldung richtig sein konnte, ging der Kommissar in das Büro der Inspektoren, um neue Anweisungen zu geben. »Man hat jemanden für Sie gebracht, Chef. Er war in einem solchen Zustand, daß ich ihn lieber in den Verschlag eingeschlossen habe.«

So nannten alle Angehörigen der Pariser Kriminalpolizei am Quai des Orfèvres einen winzigen Raum am Ende des Gangs. Er erhielt nur durch eine Luke Licht, die unerreichbar hoch lag. Seit sich einmal ein Verdächtiger, den man in ein leeres Büro eingeschlossen hatte, aus dem Fenster gestürzt hatte, wurden hier bestimmte Leute eingesperrt, die auf ihr Verhör warteten. Man hatte in die ehemalige Rumpelkammer eine graugestrichene Bank gestellt und ein solides Schloß an der Tür befestigt.

»Wie ist er?«

»Total besoffen. Er hat sich der Länge nach auf die Bank gehauen und ist sofort eingeschlafen. Ich hoffe, daß er uns nicht alles vollkotzt.«

Den ganzen Weg vom Boulevard de Courcelles bis zum Justizpalast hatte Maigret im Taxi über Fumal und wie er erschossen worden war, nachgedacht.

Alle Aussagen stimmten darin überein, daß er ein sehr mißtrauischer Mann war. Er war keineswegs naiv. Man mußte ihm durchaus eine gewisse Menschenkenntnis zugestehen.

Er war nicht im Schlaf überrascht worden, war aber wohl aus irgendeinem Grunde nicht wachsam gewesen.

Man hatte ihn vollständig bekleidet in seinem Büro aufgefunden. Er mußte vor dem Aktenschrank gestanden haben, als der Schuß aus nächster Nähe von hinten abgegeben wurde.

Platte der Mörder geräuschlos hereinkommen und sich ihm nähern können, ohne sein Mißtrauen zu erwecken? Das war sehr unwahrscheinlich, weil ein großer Teil des Parketts nicht von dem Teppich bedeckt war.

Fumal kannte ihn also. Er wußte ihn hinter sich und erwartete diesen Angriff nicht.

Maigret hatte einen Blick in die Papiere geworfen, die sich in dem Mahagonischrank befanden. Es waren meistens Verträge, Verkaufsakten oder Abtretungsurkunden, von denen er nichts verstand. Er hatte die Finanzabteilung gebeten, ihm einen Experten zu schicken. Dieser war dabei, die Dokumente nacheinander zu studieren.

In einem anderen Schrank hatte man zwei Mäppchen mit Briefpapier gefunden, das dem Papier glich, auf dem die anonymen Briefe geschrieben waren. Auch sie sollten der Polizei viel Arbeit verursachen. Moers hatte zuerst versucht, den Fabrikanten ausfindig zu machen. Dann suchten Inspektoren alle Händler auf, die diese Papiersorte verkauften.

»Hat der Chef nach mir gefragt?«

»Nein, Kommissar.«

Dann war es sicherlich das beste, er ging jetzt nicht zu ihm.

Er konnte ja doch nur berichten, daß er bisher nichts gefunden hatte.



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